Bis heute sind die genauen Ursachen, die zu neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer führen, nicht abschliessend geklärt. Die Erforschung dieser Krankheitsbilder ist sehr komplex, nicht zuletzt da sich die Krankheiten oft über Jahrzehnte stumm entwickeln. Daher ist aktuell nur die Behandlung von Symptomen möglich, nicht der Auslöser.
«Obwohl wir in den letzten 30 Jahren enorme Fortschritte in der Forschung gemacht haben, kann ein Patient, bei dem heute Alzheimer oder eine andere Form der Demenz diagnostiziert wird, nicht angemessen behandelt werden», bestätigt Philip Scheltens, Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Stiftung Synapsis. «Wir müssen dringend das Verständnis über die zugrundeliegenden Prozesse im Gehirn verbessern und die Krankheit diagnostizieren, bevor eine Demenz auftritt.»
Prof. PhD. Philip Scheltens, MD, PhD.
Treten die ersten Anzeichen einer Demenz-Erkrankung auf, ist das Gehirn bereits stark geschädigt. Die ersten krankhaften Veränderungen im Gehirn von Alzheimer-Patienten sind bereits mehr als 20 Jahre vor den ersten Symptomen nachzuweisen. Machen sich die ersten geistigen Defizite bemerkbar, liegen bereits irreversible Schäden am Gehirn vor. Je früher also die Krankheit erkannt wird und eine Therapie angesetzt werden kann, desto besser. Deshalb sind neue, einfach anwendbare Diagnoseverfahren für die Früherkennung von sehr grosser Bedeutung. So erhoffen sich die Wissenschaftler, noch vor dem Eintreten der Symptome eine weitere Schädigung des Gehirns zu verhindern.
Zwar gibt es unterschiedliche Behandlungen, um das Fortschreiten von Demenz-Erkrankungen zu verlangsamen und die Symptome zu lindern. Eine Heilung gibt es bisher nicht. Trotzt intensiver Forschung fehlt es immer noch an Wissen über die Ursachen, die zum Verlust von Nervenzellen im Gehirn führen. Um effektive Therapien entwickeln zu können, braucht es daher dringend mehr Grundlagenforschung, um ein besseres Verständnis über die Krankheitsprozesse zu erlangen.
Lange Jahre hat sich die Alzheimer-Forschung darauf konzentriert, die typischen Proteinablagerungen im Gehirn zu entfernen oder erst gar nicht entstehen zu lassen. Zwar konnten dadurch die Eiweissablagerungen verringert werden, eine signifikante Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten konnte jedoch bisher nicht nachgewiesen werden. Ein Beispiel hierfür ist der Wirkstoff Aducanumab, der im Juni 2021 in den USA die Zulassung erhielt. Dieses Medikament entfernt die für Alzheimer typischen Ablagerungen aus dem Gehirn. Dadurch konnten die kognitiven Fähigkeiten für einen begrenzten Zeitraum stabilisiert werden. Jedoch konnte dieser Effekt nur bei einer Gruppe von Patienten, die sich in einem frühen Stadium der Demenz-Erkrankung befanden, erzielt werden. Ein signifikanter Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten konnte nicht nachgewiesen werden.
Die Europäische Arzneimittelbehörde erteilte dem Medikament dementsprechend keine Zulassung, da die Wirkung im Verhältnis zum Risiko als zu hoch eingestuft wurde. Im Jahr 2022 zog der Hersteller Biogen seine Marktzulassung zurück, unter anderem aufgrund der hohen Kosten, die von den Krankenkassen nicht übernommen wurden.
Medikament Leqembi (Lecanemab)
Im Verlauf des Jahres 2022 wurden diverse weitere klinische Studien aufgrund unzureichender Wirkung eingestellt. Ende November 2022 gab es dann endlich Positives zu vermelden: die Pharmafirmen Eisai und Biogen präsentierten die Ergebnisse ihrer Studie mit dem monoklonalen Antikörper Lecanemab. Lecanemab reduziert ebenfalls die Amyloid-Ablagerungen im Gehirn. Mit diesem Wirkstoff konnte jedoch eine Verlangsamung des kognitiven Abbaus bei Patienten mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen erzielt werden. Aber auch dieser Wirkstoff kann den Verlauf einer Alzheimer-Erkrankung lediglich verzögern, aber nicht stoppen. Im Januar 2023 genehmigte die U.S. Food and Drug Administration FDA eine Zulassung von Lecanemab per Fasttrack.
Anfang Juli wurde der Wirkstoff Lecanemab in den USA zur Behandlung von Alzheimer vollständig zugelassen. Das unter dem Namen Leqembi vermarktete Medikament greift in den Krankheitsprozess ein und entfernt die für die Alzheimer-Krankheit typischen Proteinablagerungen im Gehirn. Diese Zulassung ist ein Meilenstein in der Alzheimer-Forschung und gibt Alzheimer-Erkrankten neue Hoffnung. Die grosse Euphorie lässt jedoch auf sich warten, denn Leqembi kann lediglich den Krankheitsverlauf verzögern. Der bisher beobachtete positive Effekt auf die geistigen Fähigkeiten der Patienten ist eher gering. Zudem sind die Kosten für das neue Medikament recht hoch, in den USA beläuft sich der Listenpreis auf 26'500 Dollar pro Jahr. Ein erster Schritt in der Behandlung von Alzheimer, dem in naher Zukunft hoffentlich viele weitere Schritte folgen werden. Bis dahin ist noch viel Forschungsarbeit notwendig.
Die japanische Aufsichtsbehörde hat am 25. September 2023 als zweite Aufsichtsbehörde nach der FDA in den USA, Lecanemab für die Behandlung von der Alzheimer-Krankheit im frühen Stadium zugelassen.
Wann können wir in der Schweiz mit Leqembi rechnen? Der Antrag bei Swissmedic wurde im Mai 2023 eingereicht. Ein Entscheid wird per Ende 2024 erwartet. Bis dahin wird Leqembi lediglich in der Schweiz produziert.
Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur hat am 15. November 2024 nach erneuter Bewertung seines ursprünglichen Gutachtens nun eine positive Empfehlung für den Zulassungsantrag von Lecanemab zur Behandlung der frühen Alzheimer-Krankheit ausgesprochen.
Hier gibt Bogdan Draganski, Leiter von der universitären Memory Clinic am Inselspital Bern, ein Interview zu der Zulassung.
Medikament Kisunla (Donanemab)
Am 2. Juli 2024 wurde Wirkstoff Donanemab des Pharmaunternehmens Eli Lilly in den USA zur Behandlung von Alzheimer vollständig zugelassen. Das unter dem Namen Kisunla vermarktete Medikament beruht auf der Entfernung von Amyloid-Plaques. Eingesetzt wird es zur Behandlung von Erwachsenen in einem frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit (AD), die eine leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI) oder eine leichte Demenz aufweisen.
Kisunla verlangsamte in der zulassungsrelevanten Phase-3-Studie den kognitiven und funktionellen Abbau nach 18 Monaten um bis zu 35 % im Vergleich zu Kontrollgruppe und verringerte das Risiko der Teilnehmer, in das nächste klinische Krankheitsstadium überzugehen, um bis zu 39 %.
Mit Kisunla steht das erste Medikament zur Verfügung, das für einen beschränkten Zeitraum zur Entfernung der Amyloid-Plaques eingesetzt wird. Einmal monatliche Infusionen von 30 Minuten Dauer reduzierten die Amyloid-Plaques im Durchschnitt um 84 % im Vergleich zum Beginn der Studie.
Allerdings können auch bei Kisunla starke Nebenwirkungen auftreten wie zum Beispiel vorübergehende Schwellungen im Gehirn oder Hirnblutungen. Ob und wann Kisunla in der Schweiz zugelassen wird, ist noch nicht bekannt.
Es gibt nicht die Demenz. Und so wird es wohl nie ein Allheilmittel gegen Demenzen geben. Forscher gehen davon aus, dass bei der Entstehung von Demenz-Erkrankungen unterschiedlichste Faktoren beteiligt sind, wie zum Beispiel Entzündungsreaktionen oder die Energieversorgung von Nervenzellen. Um zu verstehen, wie diese einzelnen Bausteine zusammenspielen und letztendlich zu einem Verlust von Nervenzellen im Gehirn führen, braucht es dringend mehr wissenschaftliche Forschung.
Studien zufolge könnten über 30% der Demenzfälle durch einen gesunden Lebensstil vermieden werden. Das bestätigt die Weltgesundheitsorganisation WHO in ihren Leitlinien zur Demenz-Prävention. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind auf der Suche nach geeigneten Massnahmen, um das individuelle Demenz-Risiko zu verringern, wie beispielsweise Methoden zur Verbesserung des Schlafs.
Hier finden Sie aktuelle Medienartikel über die Demenz-Forschung.
Demenz Forschung Schweiz - Stiftung Synapsis unterstützt Wissenschaftler an Schweizer Universitäten und anderen Forschungsinstitutionen bei der Erforschung von Demenz-Erkrankungen und anderer neurodegenerativer Erkrankungen. So können neue Erkenntnisse über Demenzen gewonnen werden.
Einblick in ein konkretes Forschungsprojekt erhalten Sie hier.
Forschungsbereiche
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Die geförderten Projekte sind darauf ausgerichtet
Forschungsnachwuchs
Die Stiftung legt besonderen Wert auf die Förderung junger, hochtalentierter Forscherinnen und Forscher. Durch gezielte Förderprogramme beabsichtigt die Stiftung, unter den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die besten und kreativsten Talente für die Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen zu gewinnen und neue Forschungsgruppen aufzubauen.
So investiert die Stiftung nachhaltig in mehr Forschung gegen das Vergessen.
Wettbewerb durch öffentliche Projektausschreibungen
Jedes Jahr findet schweizweit eine öffentliche Ausschreibung für neue Forschungsprojekte statt. Aus den eingereichten Projekten wählt die Stiftung jährlich 8 bis 10 Projekte aus. Diese Projekte unterstützt die Stiftung während 2 bis 4 Jahren mit einem jährlichen Betrag von bis zu CHF 100’000. Durch eine periodische Berichterstattung und Projektüberwachung stellt die Stiftung sicher, dass die Gelder zielgerichtet eingesetzt werden.
Forschungsstandort Schweiz fördern
Der Forschungsstandort Schweiz bietet die besten Voraussetzungen, einen bedeutenden Beitrag zum Verständnis der Alzheimer-Krankheit zu leisten. Erstgesuche können nur von Wissenschaftlern eingereicht werden, die an einer Universität oder einer anderen Forschungsinstitution in der Schweiz tätig sind.
Auswahl der qualitativ besten Projektvorschläge
Unser Wissenschaftlicher Beirat beurteilt unter Beizug internationaler Experten die eingereichten Forschungsgesuche. Im Vordergrund stehen dabei die Innovation, die Qualität und die Machbarkeit des Projektvorschlags. Durch dieses sogenannte Peer-Review-Verfahren stellen wir sicher, dass die qualitativ besten Forschungsprojekte ausgewählt und dem Stiftungsrat zur Förderung empfohlen werden. Den Entscheid, welche Projekte in den Folgejahren unterstützt werden, trifft der Stiftungsrat.
Seit 2003 konnte Demenz Forschung Schweiz - Stiftung Synapsis dank der Unterstützung treuer Spenderinnen und Spender einiges bewegen.
Unser Wissenschaftlicher Beirat besteht aus international anerkannten Expertinnen und Experten auf dem Gebiet der Hirnerkrankungen. Er berät den Stiftungsrat in wissenschaftlichen Belangen und übernimmt eine zentrale Rolle bei der Auswahl und Überwachung der geförderten Projekte.
Vorsitzende
Department für molekulare Lebenswissenschaften, Universität Zürich
Mitglied
Department für Neurowissenschaftliche Grundlagen, Medizinische Fakultät, Universität Genf
Mitglied
Hertie Institut für klinische Hirnforschung der Universität Tübingen und Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)
Mitglied
Alzheimer Center, Universitätsklinik der Freien Universität Amsterdam
Mitglied
Universität Perugia
Mitglied
Johannes Gutenberg-Universität (JGU) & Institute für Molekulare Biology (IMB), Mainz, Germany
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